Konzern­lagebericht

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Produktion

Das internationale, markenübergreifende Produktionsnetzwerk ermöglicht den Prozess vom Lieferanten zur Fabrik und zur Montagelinie sowie von der Fabrik zum Handel und zum Kunden. Voraussetzung für unsere Wettbewerbsfähigkeit ist eine dauerhafte Effizienz. Um den Herausforderungen der Zukunft begegnen zu können, setzen wir auf ganzheitliche Optimierungen, zukunftsgerichtete Innovationen, robuste Lieferströme und Strukturen sowie eine flexible Mannschaft. Im Geschäftsjahr 2022 lag die weltweite Fahrzeugfertigung mit 8,72 Mio. Fahrzeugen 5,2 % über dem Vorjahreswert. Die Produktivität nahm im Vergleich zum Vorjahr um 1,2 % zu.

Der Halbleitermangel und eine Unterbrechung von Lieferketten ausgelöst durch den Russland-Ukraine-Konflikt sowie die Covid-19-Pandemie hatten Produktionseinschränkungen im Volkswagen Konzern zur Folge; zum Ende des Berichtszeitraums entspannte sich die Versorgungs- und Produktionssituation.

Produktionsstrategie one.PRODUCTION

Die Produktion unterstützt die Konzernstrategie NEW AUTO mit ihrer Funktionalbereichsstrategie one.PRODUCTION. Durch die gemeinsame inhaltliche Ausrichtung unserer Aktivitäten wollen wir die Kräfte und Potenziale unserer weltweiten Fertigung und Logistik markenübergreifend bündeln und somit Synergien erschließen.

Wir haben inhaltliche Cluster zu den Themenfeldern Produktionsnetzwerk, effiziente Prozesse, Umwelt, Digitalisierung und Innovation sowie Zusammenarbeit gebildet. In diesen fünf strategischen Zielfeldern bearbeiten kompetenzstarke Teams die für die Produktion im Konzern relevanten strategischen Themen. Beispiele dafür sind unter anderem die Gestaltung unseres weltweiten Produktionsnetzwerks, die Steigerung von Effizienzen in den Produktionsprozessen, die Reduzierung und der Ausgleich von Umweltbelastungen entlang des Produktionsprozesses sowie die digitale Transformation in Produktions- und Arbeitsprozessen und in Zusammenarbeitsformaten.

Unser szenarienbasierter Strategieprozess bildet den inhaltlichen Rahmen für die strategischen Zielfelder. Übergreifendes Ziel ist es, die Produktivität und die Profitabilität zu steigern. Das ermöglicht uns, Produkte mit hoher Qualität und hohem Kundennutzen zu wettbewerbsfähigen Kosten in unseren Standorten zu fertigen.

Globales Produktionsnetzwerk

Das Produktionsnetzwerk des Konzerns erstreckt sich über 119 Produktionsstandorte einschließlich unserer chinesischen Joint Ventures. 72 Standorte davon sind fahrzeugproduzierende Werke. Eine Standardisierung der Produktion mit einheitlichen Produktkonzepten, Anlagen, Betriebsmitteln und Fertigungsprozessen innerhalb einer Produktfamilie ist ein wesentlicher Faktor unserer zukunftsorientierten Fertigung. Wir entwickeln unsere Produktionskonzepte stetig weiter, richten sie auf neue Technologien aus und wollen dabei ambitionierte Ziele in den einzelnen Projekten realisieren. Dem Volkswagen Konzern ist 2022 in einem herausfordernden Umfeld der Anlauf von 38 Fahrzeugprojekten gelungen, davon waren 12 neue Produkte beziehungsweise Produktnachfolger sowie 26 Produktaufwertungen oder Derivate.

Die flexiblen Produktionskapazitäten auf Basis unserer Plattformen bieten die Möglichkeit, auf Marktanforderungen zu reagieren, das Produktionsnetzwerk bedarfsgerecht auszulasten sowie markenübergreifend Synergien durch Mehrmarkenstandorte zu realisieren. Aktuell sind bereits knapp die Hälfte der 46 Pkw-Standorte Mehrmarkenstandorte. Das Musterbeispiel im Konzern bleibt der Standort Bratislava: Hier werden Fahrzeuge der Marken Volkswagen Pkw, ŠKODA, Audi und Porsche produziert.

Der Volkswagen Konzern hat mit der Konzernstrategie NEW AUTO das Ziel, ein weltweit führender Anbieter nachhaltiger Mobilität zu werden. Dabei stehen innovative, effiziente, nachhaltige und kundenorientierte sowie auf profitables Wachstum fokussierte Mobilitätslösungen im Vordergrund. Eine Grundlage hierfür war die Einführung des Modularen E-Antriebs-Baukastens (MEB). Mit ihm ergänzen wir unser Angebotsportfolio um weitere batterieelektrische Fahrzeuge. Seit 2019 werden in Zwickau – dem ersten Elektrostandort des Volkswagen Konzerns – batterieelektrische Fahrzeuge wie beispielsweise der ID.3 der Marke Volkswagen Pkw auf Basis des MEB gefertigt. Im Jahr 2021 wurde das Portfolio der MEB-Plattform in Zwickau durch den CUPRA Born und den Audi Q4 e-tron sowie im Jahr 2022 durch den ID.5 von Volkswagen Pkw erweitert. Des Weiteren kommt für Premium- und Sportmarken eine rein elektrische Plattform namens Premium Plattform Elektrik (PPE) zum Einsatz, um markenübergreifende Synergien in der Fertigung zu heben. Damit wurden zum Jahresende 2022 im weltweiten Produktionsnetzwerk an 14 Standorten Elektrofahrzeuge produziert.

FAHRZEUGPRODUKTIONSSTANDORTE DES VOLKSWAGEN KONZERNS

Anteil an der Gesamtproduktion 2022 in Prozent

Fahrzeugproduktionsstandorte (Grafik)

Neue Technologien und Digitalisierung

Digitale und innovative Technologien werden im Volkswagen Konzern systematisch validiert und deren Einsatz für die Produktion und Logistik pilotiert sowie ausgerollt. Dadurch sollen sich Kostenpotenziale in der Wertschöpfungskette, flexiblere Umsetzungsmöglichkeiten und Qualitätsverbesserungen realisieren lassen. Die digitale Transformation in der Produktion und Logistik hat das Ziel, die gesamte Prozesskette zu vereinfachen, neue Technologien bestmöglich einzusetzen und autonome Abläufe zu etablieren. Innovationsfelder lagen 2022 unter anderem im Bereich Computer Vision, Augmented Reality, Process Mining und AI Robotics.

Auf Basis der von Volkswagen selbst entwickelten Computer-Vision-Plattform wird beispielsweise künstliche Intelligenz unter anderem für komplexe Bildprüfungen genutzt und markenübergreifend an weitere Standorte übertragen. Innovative Anwendungen werden auch dezentral an den Standorten entwickelt und über die zentrale, cloud-basierte Digitale Produktionsplattform (DPP) im Konzern zur Verfügung gestellt. Trotz der Covid-19-Pandemie und erschwerten Rahmenbedingungen konnte der Ausbau der DPP gemeinsam mit Amazon Web Services (AWS) und Siemens vorangetrieben werden. Seit 2019 wurden 26 Produktionsstandorte vollständig an die DPP angeschlossen und mit eigenentwickelten Applikationen für die Verbesserung der Produktion und Logistik ausgestattet. Im Jahr 2022 wurde der Austausch von lokalen Lösungen zwischen den Standorten über die DPP weiter ausgebaut. Beispiele für übergreifende Lösungen auf der DPP sind Lokalisierungsservices für Fahrzeuge und Karosserien auf dem Fabrikgelände, intelligente Anlagenüberwachungen, digitales Shopfloor-Management sowie durch künstliche Intelligenz gestützte Qualitätsprozesse und durchgängige Qualitätsregelkreise. Dadurch können auch konventionelle Prozesse, wie zum Beispiel die abnahmesichernde Testfahrt in den Werken, durch eigenentwickelte Applikationen wie den Road Test Predictor (Vorhersage notwendiger Testfahrten) ersetzt beziehungsweise auf ein Minimum reduziert werden. Erfolgsfaktor der digitalen Transformation in Produktion und Logistik ist unter anderem die moderne und effiziente Steuerung der IT-Bebauung im Produktionsnetzwerk. Für die Produktion und Logistik wurde ein Architekturmanagement verankert und als bereichsübergreifendes Zusammenarbeitsmodell etabliert. Vorgaben aus Strategie, Governance sowie Referenzbebauung können damit koordiniert und harmonisiert werden.

Mit Catena-X gestaltet Volkswagen, gemeinsam mit anderen Herstellern und Zulieferern, die Zukunft der automobilen Lieferkette. Ziel ist es, ein globales Datennetzwerk mit gemeinsamen Werten in Bezug auf Kollaboration, Datensouveränität, Vertrauen und Kooperation aufzubauen. Materialrückverfolgbarkeit, übergreifendes Bedarfs- und Kapazitätsmanagement sowie umfängliche Engpasssteuerung sind Beispiele dafür, wie die Leistungsfähigkeit unserer Werke gesteigert und auch zukünftige Anforderungen der Lieferkette erfüllt werden sollen.

Zero Impact Factory

Mit der Funktionalbereichsstrategie one.PRODUCTION planen wir die Produktion von morgen. Ressourceneinsatz und Emissionen der Standorte des Volkswagen Konzerns erfordern dabei besondere Aufmerksamkeit. Das Programm „Zero Impact Factory“ entwickelt konkrete Schritte zu einer Produktion, die keine negativen Auswirkungen mehr auf die Umwelt hat und unser Umweltbild goTOzero unterstützt. Im Rahmen einer internen Erhebungsphase zu „Zero Impact Factory“ werden wir ab 2023 an allen Standorten zur Fertigung von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen umfangreiche Daten und Informationen erfassen: Für die Abbildung der absoluten Umweltauswirkungen erheben wir 22 quantitative Indikatoren als sogenannte Impact Points, und mit der Site Checklist überprüfen wir 143 qualitative Umweltkriterien im Hinblick auf ihren Umsetzungsstatus.

Mit den Impact Points und der Site Checklist werden Kriterien in den Handlungsfeldern Klimaschutz und Energie, Emissionen, Wasser und Abfall erfasst. Im Fokus stehen aber auch Aspekte wie das Erscheinungsbild der Fabrik, Engagement für die Biodiversität, Schutz des Bodens, Vermeidung von Betriebsstörungen, ein funktionierendes Umwelt-Compliance-Management, Verbesserung der Ressourceneffizienz hin zur Kreislaufwirtschaft sowie ein umweltneutrales Mobilitätsmanagement für Mitarbeiter- und Gütertransport. Mit Hilfe dieser Methoden können wir gezielt Reduktionsmaßnahmen dort anwenden, wo sie die größte Wirkung haben.

Die „Zero Impact Factory“-Methodik soll ab 2025 das bisherige KPI-System der Umweltentlastung Produktion (UEP) ablösen. Damit erfolgt ein Wechsel von der Steuerung nach rein performance-orientierten Kennzahlen hin zu einer Reduzierung der absoluten Umweltauswirkungen unserer Produktionsprozesse. Unser Ziel: Bis 2050 streben wir einen „Zero Impact Factory“ Status für alle Standorte zur Fertigung von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen an.

Um unter anderem derartige Programme zu unterstützen, wird seit Mitte 2019 in allen Produktionsstandorten weltweit ein eigens entwickeltes Managementsystem eingeführt, das die wesentlichen Themen aus dem Bereich Compliance mit denen des Umweltmanagements verknüpft. Dieses Umwelt-Compliance-Managementsystem (UCMS) bildet die Grundlage für die Einhaltung aller externen und internen Vorschriften und Regeln in Bezug auf die Umwelt.

Die UCMS-Umsetzung bezog sich zunächst auf die großen Produktions- und Entwicklungsstandorte. Im zweiten Schritt wurde das Anwendungsgebiet des UCMS auch auf Konzerngesellschaften erweitert, deren Geschäftstätigkeit ein geringeres Umweltrisiko mit sich bringt. Der Ausroll- und Beratungsprozess wurde im Berichtsjahr weiterhin aktiv unterstützt, begleitet und nachverfolgt.

Um Synergien zu heben, fördern wir weltweit die Vernetzung und den Austausch zwischen den Marken. Unsere Umweltexperten treffen sich regelmäßig in Arbeitsgruppen. Außerdem schulen wir Mitarbeiter und Führungskräfte gezielt zum Thema Umweltschutz.

In einem IT-gestützten System erfassen und katalogisieren wir Maßnahmen, die wir für einen konzernweiten Best-Practice-Austausch zur Verfügung stellen. Im Berichtsjahr wurden rund 1.400 umgesetzte Maßnahmen im Bereich Umwelt und Energie über das System Maßnahmen@Web nachverfolgt und dokumentiert, die der Verbesserung der Infrastruktur und der Produktionsprozesse von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen dienen und beispielsweise in den Dekarbonisierungsindex (DKI) einfließen. Diese Aktivitäten haben einen positiven Einfluss auf die Umweltindikatoren des Konzerns und lohnen sich oft auch in ökonomischer Hinsicht.

GoTOzero Impact Logistics

Die Logistik von Konzern und Marken unterstützt ebenfalls in der gemeinsamen Initiative „goTOzero Impact Logistics“ das Erreichen der Ziele des Umweltleitbildes goTOzero. Das kontinuierliche Optimieren des Transportnetzwerks und der Logistikprozesse kann Emissionen reduzieren – auch mit den Mitteln der Digitalisierung. Darüber hinaus wird stetig der Einsatz neuer, emissionsarmer Technologien im Transport von Produktionsmaterialien und Fahrzeugen geprüft und forciert.

Die vom Volkswagen Konzern ergriffenen Maßnahmen für eine zukünftig bilanziell CO2-neutrale Logistik umfassen beispielsweise auch die Verlagerung von Transporten von der Straße auf die Schiene sowie die nahezu vollständige CO2-Vermeidung durch den Einsatz von Ökostrom im Schienenverkehr in Deutschland und weiteren Ländern in Zusammenarbeit mit der Deutsche Bahn AG und weiteren Bahndienstleistern. So wurden beispielsweise im dritten Quartal 2022 weitere Teile des Bahnverkehrs in Polen auf Ökostrom umgestellt.

Darüber hinaus nutzt die Konzernlogistik zwei mit schadstoffarmem Flüssigerdgas (LNG) betriebene Roll-on-Roll-off (RoRo)-Charterschiffe für den Fahrzeugtransport über den Nordatlantik. Die Konzernlogistik plant, mit vier weiteren Autofrachtern des gleichen Antriebs konventionell betriebene Schiffe auf der Route über den Nordatlantik ab Ende 2023 abzulösen. Im Gegensatz zu anderen mit LNG betriebenen Schiffsmotoren sind die Charterschiffe der Konzernlogistik klimaschonend, weil durch die Hochdruck-Technologie der Zwei-Takt-Motoren von MAN Energy Solutions nahezu kein Methan entweichen kann. Grundsätzlich ermöglichen die Dual-Fuel-Motoren zudem den zukünftigen Einsatz von nichtfossilen Treibstoffen – Biogas (Bio-LNG), E-Gas (synthetisches Gas) aus regenerativen Quellen oder Biofuel, um die CO2-Emissionen noch weiter reduzieren zu können.

Des Weiteren betreibt die Konzernlogistik auf europäischen Seerouten dauerhaft zwei Charterschiffe mit zertifiziertem regenerativen Kraftstoff. Alte Speiseöle und Fette – Abfälle und Reststoffe beispielsweise aus Gastronomie und Lebensmittelindustrie, die nicht für die Weiterverarbeitung zu Nahrungs- oder Futtermittel genutzt werden können – bilden den Rohstoff für den Bio-Treibstoff, der gegenüber herkömmlichen, fossilen Treibstoffen weniger CO2 verursacht.

Liquefied Natural Gas (LNG)
Verflüssigtes Erdgas wird benötigt, um Erdgasmotoren für die Langstrecken von Lastkraftwagen und Bussen nutzen zu können, da nur so die erforderliche Energiedichte erzielt wird.
Modularer E-Antriebs-Baukasten (MEB)
Baukastensystem für die Herstellung von Elektroautos. Der MEB legt die Parameter für Achsen, Antriebe, Hochvolt-Batterien, Radstände und Gewichtsverhältnisse fest, damit ein Fahrzeug optimal die Anforderungen der Elektromobilität erfüllt. Im Jahr 2020 startete die Produktion der ersten Fahrzeuge auf Basis des MEB in Serie.
Premium Plattform Elektrik (PPE)
Neue Fahrzeugplattform für elektrisch angetriebene Fahrzeuge der Premium-, Sport- und Luxusklasse. Die Komponenten und Funktionen dieser Plattform sind speziell auf die hohen Anforderungen in diesem Segment zugeschnitten. Mit dieser Plattform werden hohe Synergien insbesondere zwischen den Marken Audi, Porsche und Bentley erzielt.