Konzern­lagebericht

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Struktur und Geschäftstätigkeit

In diesem Kapitel erläutern wir die rechtliche und organisatorische Struktur des Volkswagen Konzerns und beschreiben die wesentlichen Veränderungen im Beteiligungsbereich im Jahr 2022.

RECHTLICHE UNTERNEHMENSSTRUKTUR IN GRUNDZÜGEN

Die Volkswagen AG ist die Muttergesellschaft des Volkswagen Konzerns. Einerseits entwickelt sie Fahrzeuge und Komponenten für die Konzernmarken, andererseits produziert und vertreibt sie insbesondere Pkw und leichte Nutzfahrzeuge der Marken Volkswagen Pkw und Volkswagen Nutzfahrzeuge. In ihrer Funktion als Muttergesellschaft hält die Volkswagen AG unmittelbar beziehungsweise mittelbar Beteiligungen an der AUDI AG, der SEAT S.A., der ŠKODA AUTO a.s., der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG, der TRATON SE, der Volkswagen Financial Services AG, der Volkswagen Bank GmbH sowie an zahlreichen weiteren Gesellschaften im In- und Ausland. Ausführliche Angaben können Sie der Aufstellung des Anteilsbesitzes gemäß §§ 285 und 313 HGB entnehmen, die auf der Internetseite www.volkswagenag.com/de/InvestorRelations.html abrufbar und Bestandteil des Jahresabschlusses ist.

Im Sinne von § 3 Nr. 38 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ist die Volkswagen AG ein vertikal integriertes Energieversorgungsunternehmen und unterliegt somit den Regelungen des EnWG. Im Elektrizitätssektor übt die Volkswagen AG gemeinsam in der Gruppe mit Tochterunternehmen die Funktionen Erzeugung und Vertrieb sowie Verteilung von Elektrizität aus.

Der Vorstand der Volkswagen AG leitet das Unternehmen in eigener Verantwortung. Der Aufsichtsrat bestellt, überwacht und berät den Vorstand; er ist unmittelbar in Entscheidungen eingebunden, die von grundlegender Bedeutung für das Unternehmen sind.

ORGANISATORISCHE UNTERNEHMENSSTRUKTUR

Der Volkswagen Konzern ist einer der führenden Mehrmarkenkonzerne der Automobilindustrie. Die Geschäftstätigkeit des Unternehmens umfasst die Konzernbereiche Automobile und Finanzdienstleistungen. Unsere Kernmarken im Konzernbereich Automobile sind – mit Ausnahme der Marken Volkswagen Pkw und Volkswagen Nutzfahrzeuge – in eigenen Gesellschaften rechtlich verselbstständigt.

Der Konzernbereich Automobile umfasst die Bereiche Pkw, Nutzfahrzeuge und Power Engineering.

Im Bereich Pkw werden im Wesentlichen die Pkw-Marken sowie die Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge des Volkswagen Konzerns konsolidiert. Der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit ist die Entwicklung von Fahrzeugen, Motoren und Fahrzeugsoftware, die Produktion und der Vertrieb von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen sowie das Geschäft mit Originalteilen. Das Produktportfolio erstreckt sich von Kleinwagen bis hin zu Fahrzeugen aus dem Luxussegment. Es beinhaltet auch Motorräder und wird durch Mobilitätslösungen ergänzt.

Der Bereich Nutzfahrzeuge umfasst vor allem die Entwicklung, die Produktion und den Vertrieb von Lkw und Bussen, das Geschäft mit entsprechenden Originalteilen sowie damit in Zusammenhang stehende Dienstleistungen. Das Angebot im Bereich Nutzfahrzeuge beginnt bei leichten Transportern und erstreckt sich bis hin zu schweren Lkw und Bussen. Die Zusammenarbeit der Nutzfahrzeugmarken wird in der TRATON SE koordiniert.

Im Bereich Power Engineering wird das Geschäft mit Großdieselmotoren, Turbomaschinen und Komponenten der Antriebstechnik abgebildet.

Die Tätigkeit des Konzernbereichs Finanzdienstleistungen umfasst die Händler- und Kundenfinanzierung, das Fahrzeugleasing, das Direktbank- und Versicherungsgeschäft sowie das Flottenmanagement und Mobilitätsangebote.

Mit seinen Marken ist der Volkswagen Konzern auf allen relevanten Märkten der Welt vertreten. Zu den wesentlichen Märkten gehören derzeit die Region Westeuropa sowie die Länder China, USA, Brasilien, Polen, Mexiko, die Türkei und Tschechien.

Die Volkswagen AG und der Volkswagen Konzern werden vom Vorstand der Volkswagen AG auf Grundlage der Satzung der Volkswagen AG und der durch den Aufsichtsrat erlassenen Geschäftsordnung für den Vorstand der Volkswagen AG geleitet.

Dementsprechend waren die Aufgaben ab 1. Januar 2022 auf elf Vorstandsressorts aufgeteilt. Neben dem Geschäftsbereich „Vorsitzender des Vorstands“, zu dem unter anderem die Markengruppe „Volumen“ gehörte, waren die weiteren Geschäftsbereiche: „Einkauf“, „Technik“, „Finanzen“, „Personal und Truck & Bus“, „Integrität und Recht“, „Premium“, „Sport & Luxury“, „IT“, „China“ sowie „Volkswagen Pkw“. Mit Wirkung zum 1. Februar 2022 wurde ein weiterer Geschäftsbereich „Konzernvertrieb“ geschaffen.

Zum 1. September 2022 entwickelte der Volkswagen Konzern seine Konzernsteuerung weiter. Der Vorstand wurde verschlankt und erhielt in diesem Zug einen neuen Aufgabenzuschnitt: Die Geschäftsbereiche „Einkauf“ und „Konzernvertrieb“ wurden aufgelöst. Ferner wurde der Geschäftsbereich „Volkswagen Pkw“ in „Volumen“ umbenannt. Seitdem sind die Aufgaben auf zehn Vorstandsressorts aufgeteilt. Neben dem Geschäftsbereich „Vorsitzender des Vorstands“ sind die weiteren Geschäftsbereiche: „Technik“, „Finanzen“, „Personal und Truck & Bus“, „Integrität und Recht“, „Volumen“, „Premium“, „Sport & Luxury“, „IT“ sowie „China“. Dabei wird der Geschäftsbereich „Sport & Luxury“ vom Vorsitzenden des Vorstands in Personalunion geführt.

Den Vorstandsressorts schließt sich direkt die erweiterte Konzernleitung an, die die Funktionen „Konzernvertrieb“, „Konzernproduktion“, „Beschaffung“ und „Technikarchitektur“ umfasst.

Die Aufgabenverteilung des Vorstands beruht auf der vom Aufsichtsrat beschlossenen Geschäftsverteilung, die die Veränderungen in der Unternehmensleitung innerhalb des Berichtsjahres berücksichtigt. Ihre Struktur trägt dazu bei, dass wesentliche Aufgaben wie Strategie, zentrale Richtungsentscheidungen, Kapitalallokation sowie finanzielle Vorgaben im Fokus des Vorstands stehen. Die Aufgaben der erweiterten Konzernleitung dienen der Synergiehebung im Konzern und der Verbindung der Marken und Geschäftseinheiten.

Auf Konzernebene befassen sich zudem Vorstandsausschüsse mit wesentlichen strategischen Fragestellungen zu Produkten, Technologien, Investitionen, zur Digitalen Transformation, zu Integrität und Compliance, zum Risikomanagement sowie zu Personal und zu Führungsfragen. Die Ausschüsse überarbeiten und optimieren wir stetig, um zu überprüfen, ob sie weiterhin im Einklang mit unserer Unternehmensstrategie stehen und um die Effizienz ihrer Entscheidungen weiter zu steigern. Dadurch wird zum einen die Komplexität reduziert und zum anderen die Governance im Konzern gestärkt.

Die im Rahmen der Basisinitiative „Group Steering Model“ aus der Konzernstrategie NEW AUTO aufgebaute Matrix aus Markengruppen und Technologieplattformen wurde im Berichtsjahr in beiden Dimensionen weiterentwickelt. Hierbei wurden sowohl die Stärkung der Markengruppen als auch der Aufbau neuer Einheiten für wesentliche Technologiethemen der Zukunft innerhalb unserer strategischen Technologieplattformen umgesetzt. Auf dieser Basis wird das Konzernsteuerungsmodell auch künftig weiter verfeinert werden.

Die Markengruppe Volumen umfasst die Marken Volkswagen Pkw, ŠKODA, SEAT/CUPRA und Volkswagen Nutzfahrzeuge. Die Markengruppe Premium beinhaltet die Marken Audi, Lamborghini, Bentley und Ducati. Die Markengruppe Sport & Luxury besteht aus der Marke Porsche. Die der Marke zugrunde liegende Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG ist seit Ende September 2022 an der Börse notiert. In der Markengruppe Truck & Bus fungiert die TRATON SE als Dach für die Nutzfahrzeugmarken Scania, MAN, Volkswagen Truck & Bus und Navistar. Die TRATON SE ist ebenfalls an der Börse notiert.

Neben der Stärkung der Markengruppen wurden im Berichtsjahr auch aufseiten der Technologieplattformen Software, Battery & Charging sowie Mobility Solutions wesentliche Fortschritte durch die Neuausrichtung und den Aufbau neuer Einheiten verzeichnet. Die Softwaretochter CARIAD wurde weiter ausgebaut, unter anderem mit einer eigenen Tochtergesellschaft in China.

Zudem wurde im Berichtsjahr im Rahmen der Technologieplattform Battery & Charging die PowerCo SE gegründet, die das globale Batteriegeschäft des Konzerns verantwortet und neben der Fertigung von Batteriezellen zukünftig auch weitere Aktivitäten entlang der Batterie-Wertschöpfungskette übernehmen wird.

In der Technologieplattform Mobility Solutions wurde durch die Beteiligung an der Europcar Mobility Group im Berichtsjahr das Know-how zu fortschrittlichem Flottenmanagement im Konzern gestärkt, um als Basis einer neuen Mobilitätsplattform zu dienen, mit dem Ziel alle Mobilitätsbedürfnisse der Kunden noch besser abdecken zu können.

Wir sind überzeugt, dass durch unsere Unternehmensstruktur, die sowohl die Markengruppen als auch die Technologieplattformen sinnvoll miteinander verbindet, vorhandene Kompetenzen und Skaleneffekte besser genutzt, Synergien systematischer gehoben und Entscheidungen noch schneller getroffen werden können. Klare Verantwortlichkeiten und ein hoher Grad an unternehmerischer Verantwortung in den Markengruppen und Technologieplattformen erlauben dabei die ganzheitliche Umsetzung der NEW AUTO Strategie des Konzerns.

Jede Marke des Volkswagen Konzerns wird von einem Markenvorstand geleitet, der die unabhängige und eigenständige Entwicklung sowie den Geschäftsbetrieb der Marke verantwortet. Dabei berücksichtigt er die vom Vorstand der Volkswagen AG festgelegten Konzernziele und -vorgaben sowie die Übereinkommen in den Markengruppen, soweit dies gesetzlich zulässig ist. Konzernübergreifende Interessen können so verfolgt und gleichzeitig die markenindividuellen Charakteristika gewahrt und gestärkt werden. Angelegenheiten von konzernweiter Bedeutung werden dem Vorstand der Volkswagen AG vorgelegt, um – im gesetzlich zulässigen Rahmen – eine Abstimmung zu erreichen. Die Rechte und Pflichten der gesetzlichen Organe der betreffenden Markengesellschaft bleiben davon unberührt.

Die Gesellschaften des Volkswagen Konzerns werden von ihrer jeweiligen Geschäftsleitung in eigener Verantwortung geführt. Dabei berücksichtigen die Geschäftsleitungen in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen neben den Interessen der Gesellschaft auch die Interessen des Konzerns, der jeweiligen Markengruppe und der einzelnen Marken.

WESENTLICHE VERÄNDERUNGEN IM BETEILIGUNGSBEREICH

Volkswagen hatte 2021 mit dem Finanzinvestor Attestor Limited und der Pon Holdings B.V. ein gemeinsames öffentliches Übernahmeangebot auf die Anteile an der Europcar Mobility Group S.A., Paris/Frankreich über die Konsortialgesellschaft Green Mobility Holding S.A. (GMH) mit Sitz in Strassen/Luxembourg abgegeben. Ende Mai 2022 erfolgte die letzte kartellrechtliche Freigabe durch die EU-Kommission. Innerhalb einer verlängerten Angebotsfrist gab die französische Finanzmarktaufsichtsbehörde den Europcar Aktionären die Möglichkeit, ihre Aktien der Konsortialgesellschaft anzudienen. Insgesamt nahmen 93,6 % der Europcar Aktionäre das Angebot an. Das Konsortium hat Mitte Juni 2022 gemeinsam die Beherrschung über Europcar übernommen. Da die Annahmequote über 90 % lag, wurde im Juli 2022 ein Squeeze-out-Verfahren für die noch verbliebenen Europcar Aktien eingeleitet und ein Delisting vorgenommen. Seit dem 13. Juli 2022 hält die Konsortialgesellschaft 100 % der Europcar Anteile. Der Kaufpreis liegt bei 51 Cent je Europcar Aktie. Zudem ist Volkswagen Stillhalter von Put-Optionen der anderen Konsortialgesellschafter, und die anderen Gesellschafter haben Volkswagen Call-Optionen auf ihre Anteile an der Konsortialgesellschaft eingeräumt. Die Optionen mit Attestor wurden im Dezember 2022 langfristig verlängert. Die Gesellschaft, an der Volkswagen 66 % der Anteile hält, wird im Volkswagen Konzernabschluss aufgrund der vereinbarten gemeinsamen Beherrschung nach der Equity-Methode bilanziert.

Nach Erfüllung aller Vollzugsbedingungen haben die Brose Fahrzeugteile SE & Co. Kommanditgesellschaft (Brose) und die Volkswagen Finance Luxemburg S.A., eine Tochtergesellschaft der Volkswagen AG, zu Jahresbeginn 2022 ein gemeinsames Unternehmen im Bereich Entwicklung und Fertigung von Komplettsitzen, Sitzstrukturen und -komponenten sowie Innenraumlösungen geschaffen. Dafür beteiligte sich Brose zur Hälfte an der bisherigen Volkswagen Konzerngesellschaft SITECH Sp. z o.o., Polkowice/Polen. An dem gemeinsamen Unternehmen halten Brose und Volkswagen jeweils 50 %, wobei Brose die industrielle Führung übernommen hat und das gemeinsame Unternehmen – Brose Sitech Sp. z o.o. – beherrscht.

Seit Ende September 2022 werden stimmrechtslose Vorzugsaktien der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG (Porsche AG) im regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse gehandelt. Die auf den Inhaber lautenden Stückaktien ohne Nennbetrag stammen aus dem Bestand der Porsche Holding Stuttgart GmbH, Stuttgart – einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft der Volkswagen AG. Die gesamte Anzahl der im Rahmen des Börsengangs ausgegebenen Vorzugsaktien entspricht nach vorzeitiger Beendigung der Stabilisierungsperiode 24,2 % und umfasst 110.080.801 Vorzugsaktien. Der zwischen der Volkswagen AG und der Porsche AG bestehende Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag endete gemäß § 307 AktG zum 31. Dezember 2022.

Zusätzlich hat Volkswagen im Zusammenhang mit dem Börsengang eine Beteiligung von 25 % der Porsche Stammaktien zuzüglich einer Stammaktie an die Porsche Automobil Holding SE, Stuttgart, veräußert. Zum Bilanzstichtag hält Volkswagen 75,4 % des Gesamtkapitals.

RECHTLICHE EINFLUSSFAKTOREN FÜR DAS GESCHÄFT

Auf das Geschäft der Volkswagen Gesellschaften wirken – wie auch bei anderen international tätigen Unternehmen – zahlreiche in- und ausländische Rechtsordnungen ein. Insbesondere handelt es sich dabei um dienstleistungs-, entwicklungs-, produkt-, produktions- und vertriebsbezogene Vorschriften sowie um aufsichts-, datenschutz-, finanz-, gesellschafts-, handels-, kapitalmarkt-, kartell- und steuerrechtliche Regelungen als auch solche des Arbeits-, Banken-, Beihilfe-, Energie-, Umwelt- und Versicherungsrechts.

KONZERNERKLÄRUNG ZUR UNTERNEHMENSFÜHRUNG

Die Konzernerklärung zur Unternehmensführung ist in diesem Geschäftsbericht zu finden und auf unserer Internetseite www.volkswagenag.com/de/InvestorRelations/corporate-governance/declaration-of-conformity.html dauerhaft zugänglich.